Neuseeland,  Nordinsel,  Südinsel

km41280 Forgotten World Highway, Taranaki Vulkan, Queen Charlotte Track, ein Platten in der Pampa und ein kaltes Silvester

Trotz der regnerischen Nacht nach unserem Ausflug zum Schicksalsberg fahren wir gegen mittag bei strahlend blauem Himmel rüber zur Westküste, in Richtung des 2500 Meter hohen Vulkan Mount Taranaki. Die Dieselpreise schwanken an den Tankstellen durch den Ölpreisverfall um fast 30 Cent pro Liter. Und da wir ja natürlich nur an der Günstigsten tanken wollen, lehnen deshalb auch alle Tankstellen in der Nähe des Lake Taupos schulterzuckend ab – denn WIR lassen uns hier sicher nicht das Geld aus der Tasche ziehen (haha, wohl etwas zu früh gefreut). Also gehts mit nem viertel Tank hinein in den Forgotten World Highway, der sich vorbei an den grünen Hobbithügeln und den weiten Blicken über die einzigartige Landschaft entlang eines kleinen Flusses durch ein langes Tal Richtung Westen schlängelt.

Als die Tanknadel so langsam Richtung Null tendiert, werde ich doch leicht nervös. Im Camper wären wir zwar auch nachts und ohne Sprit nicht gleich verloren, aber immerhin haben wir nur einen Tag Zeit für den Vulkan, denn übermorgen geht die Fähre rüber zur Südinsel. Jasmin bleibt aber cool und berunigt mich, wir schaffen das schon noch..

Als wir nach vielen menschenfreien Kilometern endlich in ein Minikaff mit einer Bar kommen, hoffen wir auf einen netten Neuseeländer, der uns ein paar Liter Sprit aus seinem Ersatzkanister abgibt. In der Bar sind bereits alle irgendwie am frühen nachmittag betrunken – was könnte man auch sonst in dieser gottverlassenen Gegend machen.
Aber man will uns helfen, ein Jungspund begleitet uns zu seinem Onkel (oder so), der offensichtlich ungern aus seinem Schlaf gerissen wird. Murrend raunzt er irgendwas in ziemlich unverständlichem NZ-Englisch. Das war aber wohl der gewünschte Preis: schlapp $5 pro Liter will er haben! Na gut, dafür musste ich nicht Wirtschaft studieren – hier herrscht offensichtlich das Marktgleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Also zahlen wir zähneknirschend, in der Hoffnung, dass zwei Liter für die letzten 80km bis zur nächsten City reichen. Das haben wir ja super gemacht mit dem Sparen, hihi!! Aber wir nehmen es mit Humor und können endlich die Fahrt über die Schotterpiste ab hier wieder in vollen Zügen geniessen, denn die Aussicht ist einfach nur traumhaft und die Strasse absolut sehenswert.

Erst spät kommen wir am hoch gelegenen Parkplatz des Taranaki im Egmont National Park an. Der absolut symmetrische Spitzkegel-Vulkan ist eine Augenweide und trotz der abendlichen Kälte, schmecken Jasmin’s super leckere Lammkoteletts vor dieser Kulisse gleich doppelt gut.

Der neue, dicke Schlafsack kommt bei den kühlen Temperaturen von vielleicht 5°C erstmals so richtig zum Einsatz. Mit dem richtigen Equipment macht es einfach Spass!

Da wir bereits am nachmittag des nächsten Tags unsere Fähre auf die Südinsel gebucht haben, stehen wir noch vor 7 Uhr morgens auf und starten auf den Trail. Wir haben grosses Glück, denn der sonst so wolkenumhangene Vulkan erstrahlt in seiner ganzen Pracht vor tiefblauem Himmel. Über der Stadt liegt noch eine dicke Wolkenschicht, während wir bei bestem Wetter einen Teil des Bergs auf dem sich windenden Trail erklimmen. Oben werden wir vom grandiosen Ausblick über die Wolkendecke belohnt.

Gerade als wir uns auf den Rückweg machen, hüllt sich der Vulkan auch schon wieder in seine sonst so übliche Dunstglocke, so dass sich unser frühes Aufstehen wenigstens mal so richtig gelohnt hat. Mit offenen Bremsen geht’s auf dem Bike die 10km lange Bergstrassenabfahrt mit erhöhtem Adrenalinspiegel bergab. Während uns eine Rinderherde mit ihren großen Kulleraugen zuguckt, ist das Bike wieder ruckzuck ans Rack verzurrt und wir düsen mit Höchstgeschwindigkeit (so grob 90km/h) nach Wellington, zum südlichsten Punkt der Nordinsel. Hier liegt der Fährhafen, der uns in knapp drei Stunden rüber nach Picton auf die Südinsel bringt.

Die supermoderne, riesige Fähre schippert zwischen den fantastisch zerklüfteten Hügeln des berühmten Queen Charlotte Sounds (Sound = Sund = Meerenge) hindurch.

Picton selbst ist eine überschaubare, nette Kleinstadt mit schöner Hafengegend und viel grün in den nett angelegten, kleinen Parks.

Bevor wir endlich wieder auf Melli und Engel treffen, schnüren wir aber erst nochmal unsere Wanderstiefel. Denn die 4-Tages-Wanderung auf dem Queen Charlotte Track steht an. Entlang der eindrucksvollen Sounds schlängelt sich der Trail an der Nordspitze der Südinsel entlang der grandiosen Sounds.

Zum Start kommt man (angeblich) nur per Boot, also buchen wir für schlappe $99/pp ein Ticket, das uns an den Anfang der etwa 60km langen Strecke bringt. Im stolzen Preis ist dann zwangsläufig auch der Gepäckservice. Nun gut, nach dem Geschleppe am Baikalsee nehmen wir das Zwangsangebot dann schließlich doch noch dankend an.

Das Boot setzt uns morgens ab und wir machen uns auf den Weg. Die erste Etappe ist mit 20km und einigen Höhenmetern anstrengend, aber wunderschön. Denn die Aussicht über die Sounds ist wieder mal neuseelandtypisch einfach nur atemberaubend.

Abends sind wir aber übermässig erschöpft und freuen uns, auf dem DOC Campingplatz zwei Nächte zu bleiben. Da morgen der erste Weihnachtsfeiertag ist und die Bootsleute nicht arbeiten, müssten wir sonst auf unseren Gepäckservice verzichten. Also ruhen wir uns aus, mehr denn je steckt uns die Müdigkeit in den Knochen.

Die Wekas, entenartige und nach Kiwis aussehende Laufvögel, klauen uns in der Nacht all unsere fünf Bananen, den Zucker und unseren Cashewvorrat unter dem Vorzelt raus. Gut, wieder was gelernt, die Viecher sind wirklich dreist und schlau und haben offensichtlich eine gute Nase. Merken: alles INS Zelt, vor und unters Zelt reicht offenbar nicht.
In der Nacht darauf halten uns dann die Possums wach. Mit einem laut krächzendem „WHAAaaaHH, whaaaaahahhh!!“ schreien sie erst um eins und dann nochmal um vier Uhr morgens und reißen mich aus dem Tiefschlaf. Beim zweiten Mal reicht‘s mir und ich will sie heldenhaft verscheuchen.

Nach einer kurzen Suche mit der Stirnlampe finde ich die beiden Störenfriede. Seelenruhig hocken die eigentlich possierlichen Tierchen auf ’nem Ast und lassen sich mal überhaupt nicht von mir beeindrucken. Alle Drohgebärden oder lautes Zischen lassen die beiden mehr als kalt. Mit großen Augen gucken sie mich an und ich komm mir schon irgendwie blöd vor, wie ich fuchtelnd und zischend vor ihnen stehe. Erst als ich ein paar kleine Stöcke nach Ihnen werfe, klettert der eine Hoschi endlich in aller Ruhe vom Baum. Als ich ihn dann in den Busch verfolge, springt er gleich auf den nächstbesten Baum und sitzt wieder in sicherer Höhe und guckt mich mit seinen treudoofen Augen an. Also gut, ich gebe auf: eins zu null für die Possums.

Noch müde von der Nacht machen wir uns anfänglich noch auf den Weg. Aber Jasmin merkt nach dem ersten Kilometer recht schnell, dass ihr die Strecke mit den vielen Höhenmetern und über 24km Länge heute einfach zu viel für die noch immer erschöpften Beine ist. Also Daumen raus und in der Hoffnung, dass uns wer mitnimmt trampen wir nach lieber den anstehenden Abschnitt. Nach ein paar Minuten hält ein sehr nettes Neuseeländisch-australischem Pärchen an, die uns sogar mit nem extra Umweg bis zu unserem nächsten Ziel bringt. Dankbar sind wir also einen weiteren Tag faul und erfreuen uns an der Sonne und die Erholung (das Leben ist zu kurz um sich zu quälen)!

An Tag 4 schaffen wir die letzten 20km jedoch wieder locker zu Fuss und genießen nochmals die fantastische Landschaft entlang der kurvigen Sounds mit dem türkisfarbenen Meer, dem abwechselnden Urwald und der grünen Nadelwaldlandschaft.

Fast allein sind wir auf dem Singletrail, der sich auf und ab entlang des Grats schlängelt. Nur fast entspannt geht’s mit dem Boot zurück, denn schon wieder hat sich meine Sonnenbrille (Nr. 2) wie in Luft aufgelöst (+1 auf der Verschwendungsliste).

Abends fahren wir noch knapp 200km bis kurz vor Kaikoura an der Westküste. Direkt am Meer finden wir an der schroffen Küste einen tollen, kostenlosen Camingplatz. Der Spot ist bekannt dafür, dass sich hier eine Seehundkolonie angesiedelt hat. Vor allem Jasmin möchte unbedingt mal frei lebende Seehunde sehen.

Ihre Hoffnung wird nicht enttäuscht, die dicken Meeresbewohner liegen hier faul auf den Steinen und sind offensichtlich gut an Menschen gewöhnt. Denn man kann recht nah an sie ran, sobald man aber ihren Sicherheitsabstand von ca. 1-2m unterschreitet, wird man durch ein energisches Knurren darauf aufmerksam gemacht.

Die Nacht ist ruhig und nach einem kurzen Bike und Hike an der hohen Küste in Kaikoura fahren wir weiter Richtung Christchurch. Denn neben verlorener Sonnenbrille hat auch noch die Kamera plötzlich ihren Geist aufgegeben. Das Objektiv spinnt nur noch. Während wir es einschicken und auf Reparatur warten, müssen halt für die nächsten paar Wochen das Handy und die GoPRO herhalten.

Auf der Strecke von Christchurch in Richtung Wanaka sieht man auch erstmals deutlich die Unterschiede zur Nordinsel. Die Hügel sind höher, die Aussicht weiter und das Grün ist bräuner, aber nicht weniger eindrucksvoll als die Nordinsel. Mit Vollgas sind wir unterwegs, denn wir haben noch knapp 400km bis wir endlich wieder auf Melli und Engel treffen. Ein Stop beim Streichelzoo passt aber immer rein und so kommt Jasmin mal wieder zu ihren tierischen Streicheleinheiten.

Aber auf halber Strecke, mitten im Nirgendwo zwischen Schafsherden und Hügeln kündigt ein lautes Zischen den erwarteten Platten an. Einer der Reifen war schon ziemlich spröde und es war abzusehen, dass uns dieses Schicksal möglicherweise früher oder später ereilen könnte.

Nur doof, dass zum einen die Kubel des Wagenhebers fehlt und ich zudem völlig ahnungslos bin, wie man den verdammten Ersatzreifen unter dem Auto herausbekommt (nicht nur, dass ich halt eher IT Mensch und weniger der Mechanikertyp bin, uns fehlt tatsächlich auch eine lange Stange um den kleinen Flaschenzug zu bedienen, mit dem man den Reifen unter dem Auto herunterkurbelt).

Aber auf die Freundlichkeit der Kiwis ist ja glücklicherweise Verlass. Keine fünf Minuten später hält schon das erste Auto und Mickey, der supernette Merino-Schäfer hilft uns mit Tat und Rat, legt sich wie selbstverständlich unters Auto und friemelt gemeinsam mit mir den alten Ersatzreifen drauf. Von viel Hilfsbereitschaft kann man bei uns wohl nur träumen.

Leider ist der uralte Ersatzreifen auch fast platt, aber juhu – ich hab ja meine Minipumpe vom Bike dabei. Nach schlappen zwei oder dreitausend Hüben und ist der Arm zwar Schlapp, aber der Reifen wieder halbwegs „hart“. So kommen wir zumindest mal bis zur nächsten Tankstelle. Auf dem Weg fahren wir an den wunderschönen, lila Blumenfeldern vorbei (in dem sich ganz zufällig eine wunderschöne Blumenfee tummelt 🙂 )

Da wir erst abends im nächsten Dorf ankommen, verbringen wir gleich die Nacht direkt vor der Werkstatt mit „Tyre Service“, der laut Schild zu unserem Glück zwischen den Feiertagen geöffnet hat.

Morgens will ich den Reifen flicken lassen, aber es gibt nur Neureifen und die $140 für einen einzelnen Reifen ist Jasmin zu teuer. Ich hätte ja in die Tasche gegriffen um mich wieder sicher zu fühlen –  aber ok – ich lass mich ja überreden. Sie redet mir gut zu, dass wir schon noch an günstigere Reifen kommen. Schweren Herzens vertraue ich auf ihr Bauchgefühl und wir lehnen die teuren Reifen ab. Wenn das mal gut geht…

Aber das ist nicht unser einziges Problem, denn morgens klingt der Kiwi wie ein Traktor. Über Nacht ist wie von Zauberhand zu allem Überfluss auch noch der Auspuff gebrochen. Na toll, kein Ersatzreifen und ein kaputter Auspuff und wir müssen noch 200km fahren, um noch heute (!) zu unserem ohnehin zu teuren Festival zu kommen.

Aber wir sind langsam Profis im ‚easy nehmen‘, denn immerhin stehen wir ja bereits direkt vor der Werkstatt. Der Mechaniker schafft‘s dann innerhalb einer Stunde, ein provisorisches Rohr um die gebrochene Stelle zu flicken. Ein weiterer Stein fällt uns vom Herzen, denn wir kommen doch noch halbwegs pünktlich wieder on-the-Road.

Im nächsten Kaff finden wir sogar noch zwei günstige gebrauchte Reifen. Jasmin hatte also wieder mal recht und wir bekommen die beiden Commercial Truck Reifen (yay!) für schlappe $150.- und der Mechaniker lässt sich noch erweichen und wechselt sie uns kostenlos. Nach nem super dankbaren Handschlag sind wir wieder also wieder voll einsatzbereit und düsen nun mit gutem Gefühl endlich zum Festival.

Das steht allerdings schon anfänglich unter eher schlechten Vorzeichen, denn der Wetterbericht ist mies und zu allem Überfluss ist es in letzter Minute noch offiziell verboten, Alkohol mit aufs Gelände zu bringen.
What? Ein Festival bei dem man sein Bier nicht selbst mitbringen darf? Sowas gibt’s nur in Neuseeland!

Engel und Melli sind schon durch die erste Kontrolle und warnen uns, dass die Autos teilweise recht intensiv gefilzt werden. Also fahren wir nochmal rechts ran und verstecken unsere alkoholischen Getränke im Auto. Da das Festival ohnehin schon teuer genug ist, werden sie uns ganz sicher nicht auch noch unseren gekauften Alk abnehmen! Und hey, wenn schon verstecken, dann aber wie die Profis. Der Vodka verschwindet im Motorraum und Jasmin näht (!) kurzerhand die Weinflaschen in meine Matratze ein…

Die Wiedersehensfreude ist riesig, als wir endlich Herrn und Frau Engelmann in unsere Arme schließen können. Zack aufs Festival, das Vordach zwischen den Vans verzurrt, denn es geht ein eisiger Wind. Bei einem Glas Wein gibt erst mal viel zu erzählen, denn wir haben uns immerhin fast vier Wochen nicht gesehen.

Feiern können die Kiwis aber eher nicht so, wenn man Zürich und Berlin kennt, liegt die Messlatte natürlich auch etwas höher. Auf den drei Bühnen läuft viel Dubstep (mit nem unglaublich schlechtem MC), Drum & Bass und mittelmässigem Elektro in einer kleinen Blockhütte. Da es immer wieder regnet, sind wir die meiste Zeit bei unserem Camp. Aber spät in der Nacht vor dem Silvester Abend zieht es uns dann doch noch vor und wir spacken trotz des Sounds wenigstens ein paar Stunden ab…

Mit leichtem Kater sitzen wir am eigentlichen Silvesterabend dann aber bei kalten 13° und strömendem Regen unter dem Vordachzelt und frieren uns einen ab. So hatten wir uns Silvester nicht unbedingt vorgestellt, viel eher waren Badehose und Sonnenbrille der eigentliche Plan. Nunja, ab jetzt sind wir aber endlich zu viert unterwegs und freuen uns auf die nächsten Wochen gemeinsamen Reisens. Der nächste Stop gilt Queenstown, dem niedlichen Städchen im Süden..

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