Russland

km 3078 Nizhny Novgorod „Нижний Новгород“

Morgens sind wir um 5 aufgestanden um unseren zweiten, kurzen Transsib Abschnitt in Angriff zu nehmen. Pünktlich um 06:45 fährt unser supermoderner Schnellzug die 442km in schnellen 4h vo Moskau nach Nizhny Novgorod. Die City, auch als Gorky bekannt, ist immerhin die fünftgrösste Stadt mit noch etwas mehr als einer Million Einwohnern. Die Zeit vergeht wie im Flug und wir werden in eine Stadt geworfen, die lustigerweise viel mehr unserer Erwartungshaltung an „Russland“ entspricht als es St. Petersburg oder Moskau taten. Der Bahnhofsplatz ist überschattet von einem Plattenbau, der bei uns längst auf der Abrissliste stehen würde. Abgebrochener Beton überall, die Strassen sind – genauso wie fast alles andere – in die Jahre gekommen.


Eine alleinreisende Schweizerin hört uns reden und gibt uns erstmal ein paar Tips wie wir in die historische Altstadt – und vor allem – auch wieder zurückkommen. Denn ich glaube, keine andere Stadt hat so viele verschiedene Buslinien wie Nizhny..
Die Busse sehen jedenfalls so aus, wie wir uns das von Russland so vorgestellt hatten: rostig und alt, es riecht nach Diesel und in der Kurve macht irgendwas ein beunruhigendes Geräusch. Der Fahrer hat zwar – wie fast alle Busfahrer – ne leichte Fahne, kassiert aber in seelenruhe die 20 Rubel aller einsteigenden Gäste, während er sich über die teilweise 8 spurigen Stadtstrassen drängelt. Aber wir fühlen uns dennoch so einigermaßen sicher, der ca. 60 Jahre alte Fahrer sieht so aus, als ob er das ganz gut im Griff hat.

Der von einer riesigen roten Mauer umgebene Kreml begeistert uns nicht ganz so, wie der Ausblick über die Wolga mit den in der Entfernung im Nebel liegenden Plattenbauten und Hafenkränen. Überall in der Altstadt erinnern Mahnmale und alte Sovjet Militärmaschinerie an den zweiten Weltkrieg. Noch mehr als vom Ausblick aber waren wir allerdings von den zerfallenen, aber teilweise wunderschönen Sovjet-Hinterhöfen begeistert, die wir bei unserer Runde durch die Stadt anfingen zu entdecken. Die Busse sehen so aus, als ob sie auf allen möglichen Gebrauchwagenmärkten zusammengeshoppt wurden, zumindest gleicht kaum ein Bus dem anderen. Jasmin hat daher den Bussen und ich den Hinterhöfen eine eigene Bildreihe spendiert..

Der Tag ist allerdings lang und vor allem hatten wir gerade mal 4-5h Schlaf in der Nacht zuvor.
Als uns so langsam die Batterien ausgingen, begeben wir uns in eine der alten, kleinen und passend zum Stadtbild eher runtergekommenen Strassenbahnen. Die etwas betagte alte Frau, auf dessen Uniform in russisch „Konduktor“ steht, knüpft uns umgerechnet 40 Cent ab und wir fahren ne Runde rund um die Stadt.

In Nizhny waren die Leute überraschenderweise nochmal viel hilfsbereiter, als in Moskau oder St. Petersburg. Kaum standen wir irgendwo rum auf der Suche nach irgendwas auf der Karte, oder wenn uns mal wieder der Verkäufer mangels Englischkenntnissen in einem Laden nicht verstanden hat, hat sich ein Passant angeboten zu helfen oder zu übersetzen. Die ernste Mine der Russen täuscht also doch eher darüber weg, dass sie doch ein sehr freundliches und hilfsbereites Völkchen sind.
Der nächste Abschnitt auf der Transsib wird unsere heiss erwartete 50h-am-Stück und 3583 km lange Strecke von Nizhny nach Krasnoyarsk. Wir machen uns davor noch auf ins Einkaufszentrum, was direkt gegenüber dem Bahnhof liegt und kaufen Jasmin-mässig Lebensmittel ein. Wir brechen zwar fast zusammen unter dem ganzen Gewicht, schaffen es aber doch zu unserem Zug namens „Enissey“ mit Nr. 52 auf Gleis 2. Abfahrt ist wie immer pünktlich um 22:45 und nun geht es 50h durch die Weiten der Taiga und durch die ewigen Birkenwälder Sibiriens.
Für den langen 50h Abschnitt der Transsib, der nun folgt, haben wir uns ein erste Klasse Ticket geleistet. Nachdem wir uns häuslich eingerichtet haben, öffnen wir uns die gute Flasche Wein und geniessen, in diesem besonderen Zug zu sein und vor allem, uns nun mal richtig entspannen zu können.. Es wird ohnehin Zeit, mal Zeit zu haben, ein paar der Bücher fertig zu lesen um diese endlich entsorgen zu können, Zeit um die Bilder auszusortieren, die Eindrucke zu verarbeiten und einfach mal stundenlang aus dem Fenster blicken zu können um die Seele baumeln und die Gedanken schweifen zu lassen.
Regen prasselt an die Scheiben und wir sind froh, dass wir im warmen Zug sitzen. Ich hoffe nur, dass wir das Wetter nicht gerade überholen, da wir in Krasnoyarsk ja 2 Tage lang im Nationalpark zelten wollen..

PS: unten kommen noch die zwei weitere Fotoreihen, mit den geilen Bussen und Hinterhöfen…





Jasmin’s Bus-Fotoreihe:




Nico’s Hinterhof-Fotoreihe:

Ein Kommentar

  • Mam

    Na Ihr 2 mängmal änderet sich doch Asichtä über Iwohner je länger mer detä isch:))
    Isch doch immer wieder Interressant mit Eu stückli um stückli mitzreisä..Äs bizzeli simmer doch alli au ä chli uf Wältreis ……Wüsch Eu no ganz schöni Erläbniss in Russia.
    Knuuutscher :))

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