Abel Tasman Great Walk
Neuseeland,  Südinsel

Km 43195: Nelson und der Abel Tasman Great Walk

Die Passstrasse nach Nelson schlängelt sich am türkisfarbenen Buller River entlang, bei dem wir gern für ein eiskaltes Bad halt machen. In der Nähe von Nelson finden wir einen kostenlosen Campingplatz direkt am kleinen Waimea River, an dem wir für ein paar Nächte zur Ruhe kommen und Kräfte sammeln für den anstehenden Abel Tasman Great Walk.

Es gibt aber auch noch etwas zu tun in Nelson. Denn unser Van braucht für den Verkauf einen neuen WOF (der neuseeländische TÜV) und dafür muss die Technik in Ordnung sein. Aber der Mechaniker hat erstmal keine guten Nachrichten für uns. Es sind zwar keine üblen Mängel an Karosserie oder Motor, aber neben ein paar defekten Gummiringen an der Aufhängung, den Wischerblättern ist vor allem der kleine Sprung in der Windschutzscheibe leider ein paar Millimeter zu lang, um durch den Check zu kommen. Und den Werkstattreport brauchen wir dringend, denn wir sind mit Steve, einem Interessenten aus UK, schon per email in Verkaufsverhandlungen. Gummiringe samt Einbau schätzt er auf ca. 180$ und ne neue Windschutzscheibe würde mit über 400$ zu Buche schlagen. Der Mechaniker gibt uns aber noch den Tip, dass man den Riss evtl. bei ner Glaserei versiegeln kann und dass wir dann möglicherweise ohne neue Windschutzscheibe auskommen können. Jasmin kommen trotzdem in dem Moment ein paar Schreckenstränen – und die haben anscheinend das Herz der Mechaniker erwärmt. Denn auf einmal findet er in seinem Lager die passenden Ringe, gibt sie uns für $10 und baut sie für weitere $40 trotz Feierabend doch gleich noch ein… Die Tränen einer Frau erweichen halt noch immer das Herz der Männer.. Später stellt sich noch heraus, dass der Tip mit der Glasversiegelung tatsächlich klappt und wir kommen doch noch einigermassen günstig an unseren neuen WOF. Ein grosser Stein fällt uns vom Herzen und wir sind wieder mal von der Herzlichkeit der Neuseeländer beeindruckt.

Jasmin und ich machen noch einen kurzen, aber eher sinnlosen Abstecher ins ziemlich trostlose Christchurch, welches ja 2011 von einem schweren Erdbeben heimgesucht wurde und sich noch immer im Wiederaufbau befindet.

Anschliessend sind viele Leute und Unternehmen dort weggezogen und in der „Innenstadt“ sieht alles noch immer recht provisiorisch aus – und leider einfach auch irgendwie ausgestorben. Uns macht es jedenfalls ein komisches Bauchgefühl und irgendwie wollen wir hier so schnell wie möglich wieder weg. Wenigstens bekommen wir eine neue, günstige Batterie für unseren Kiwi, der sich in den letzten Tagen immer wieder anschleppen lassen musste. Auf dem Weg besuchen wir in der Nähe von Kaikoura nochmal unsere Seehunde.

 

Ein paar junge Traveller hatten uns für den Abel Tasman noch den Tip gebeben, dass man von Marahau aus mit dem Seekayak zwei Tage die Küste entlang fahren kann, um dann auf dem Hiking Track mit zwei weiteren Übernachtungen zurückzuwandern. Da Jasmins Hand – nun etwa 4-5 Wochen nach der OP – leider eher schlechter als besser wird, will sie viel lieber mit dem Van in den kommenden Tage im Alleingang die wunderschöne Golden Coast entdecken. Ohnehin genießt sie gerne mal wieder ein paar Tage für sich und lässt uns mit gutem Gewissen in unser 3er-Abenteuer starten.

Wir fahren also rauf in das Ministädchen Marahau, und nach einer kurzen Einweisung und dem Verstauen unseres ganzen Campingkrams im Seekayak, geht’s endlich raus aufs Wasser. Im Gepäck ne Flasche Wein und Essen für vier Tage ist es sehr entspannend, den ganzen Kram nicht wie üblich auf dem Rücken schleppen zu müssen. Der erste Abschnitt ist glücklicherweise relativ kurz, denn wir kämpfen gegen den Seegang und starken Gegenwind. Trotzdem kommen wir nach ein paar Stunden ausgepowered und happy an dem traumhaften Sandstrand der Observation Bay an. Der Strand wäre unverändert ein Postkartenmotiv, so idyllisch ist dieses Plätzchen eingebettet von Regenwald und mit Blick auf die kleinen vorgelagerten Inseln.


Gerade einmal acht Zeltplätze gibt’s ausschliesslich für uns Paddler, denn einen Landweg gibt es nicht. In der Nachmittagssonne liegen wir im warmen Sand und geniessen die Aussicht bei ’nem Gläschen Rotwein. Als hätte ich es geahnt, dass es was zu feiern gibt, schreibt mir Jasmin, dass wir Nachricht von Steve haben: wir haben die Zusage!! Juhu, der Campüer ist verkauft und das auch noch mit Gewinn – yeah! Glücklich und zufrieden schlafen wir beim Meeresrauschen mit nem Zacken weniger in der Krone unter dem Schein der glitzernden Sterne ein.

Der Wecker klingelt uns morgens aus dem Schlaf, denn am nächsten Tag steht „a loooooong paddle“ an, so hat uns die Kayaktante schon fast panikartig vor dem Abschnitt gewarnt. Früh sollen wir aufstehen, denn die Etappe soll superlang und anstregend sein. Gut, trotz des Katers geht’s nach nem leckeren Kaffee wieder aufs Wasser. Heute werden wir vom Wind verschont und das Wasser ist spiegelglatt.

Der erwartete Muskelkater bleibt auch aus und so können wir zügig an den schroffen Felsen der Küste entlang gleiten. Als alter Kayakfreund gefällt mir diese Art des „Reisens“. Denn hier ist man mit sich und der Natur alleine, kommt mit Muskelkraft voran. Weder nervige Touristen noch Autos oder anderer Zivilisationslärm stören den Geniesser. Ein Paddelschlag folgt dem nächsten, man fühlt quasi die Zeit, es ist Zeit für Gedanken, Zeit um das Leben mit jedem Atemzug einzusaugen.

Als wir dann gerade mal nach eineinhalb Stunden schon kurz vor dem Ziel sind, wird uns mal wieder klar, dass die zeitlichen Vorgaben entweder für orkanartigen Gegenwind oder für die 120kg Kugelamerikaner ausgelegt sind.
Aber gut, auf diese Weise haben wir noch mehr als genügend Puffer, um in der Bark Bay schon mal alles auszuladen, die Zelte aufzubauen und uns gegen mittag wieder in die Kayaks zu schwingen. Der Tagesplan ist noch, mit den Kayaks noch ein paar Kilometer zur nächsten Bucht weiterzufahren und am gleichen Tag die zwei Stunden zurückzuwandern. Ohne Gepäck und mit bereits aufgestellten Zelten macht das so viel Vorfreude.

Gegenüber der Zielbucht Onetahuti liegt eine kleine Insel, auf der es Seehunde geben soll. Einen Kilometer quer übers offene Meer gepaddelt, finden wir tatsächlich ein paar der niedlichen Fischvernichter faul auf den Steinen liegen. Wie gerufen, springt der Seehund ins Wasser und ohne lang zu zögern, parke ich das Kayak zwischen den Felsen und spring hinterher. Denn in Kaikoura wollten Jasmin und ich ja schon fast einen „Swim with seals“-Ausflug buchen, aber nicht unbedingt für teure $90 pro Person. Flo hat glücklicherweise auch noch seine Taucherbrille dabei, so dass man hier die Seehunde mal ganz aus der Nähe bei ihrer Futtersuche beobachten kann.

Es ist ein tolles Gefühl, die Tiere in ihrer natürlichen Wildbahn beobachten zu können. Es sieht auch nicht so aus, dass er sich von uns gestört fühlt, denn in aller Seelenruhe hängt er kopfüber im Wasser auf der Suche nach Fischen und schießt hin und wieder runter, um sich einen zu schnappen.

Der Fahrt mit den Kayaks war jedenfalls für mich das Highlight vom Abel Tasman. Der Rückweg schlängelt sich zwar an der prächtigen Küste entlang, bietet aber wenig Neues, wenn man ihn mit dem Charlotte Track oder auch anderen Küstenwalks vergleicht.

Wir lernen am Abend noch David kennen, einen weiteren Deutschen, der als Psychotherapeut ebenfalls in Zürich arbeitet. Also sitzen wir vier düütsche Wahlzürcher am Abend zusammen, ratschen und tauschen Reiseerfahrungen aus. Das Gefühl beim Camping, weit weg von sämtlicher Zivilisation, ist jedenfalls einmalig.

Unter dem strahlenden neuseeländischen Sternenhimmel, beim leisen Säuseln des Meers die Freiheit zu spüren löst pure Glücksgefühle aus.

Die nächsten zwei Tage geht’s also zu Fuß zurück zum Startpunkt, der Trail zieht sich Kurve um Kurve durch den Regenwald.
Schnell wird klar, was der Nachteil der Great Walks im Gegensatz zu den kleineren Treks ist. Es kommt weit weniger das Feeling auf, dass man hier allein in der Wildnis ist, wenn einem streckenweise minütlich andere Wanderer entgegenkommen (und btw, ich werde nie verstehen, warum sich der allgemeine Wanderer auf solchen Walks permanent grüßen muss.. Ein Königreich für ein T-shirt mit einem lang gezogenen und überfreundlichen “Hiiiiiii…”) 


Aber es gibt glücklicherweise auch immer wieder Abschnitte, an dem wir scheinbar die einzigen Menschen sind.. Abends pimpen wir das Essen mit leckersten frischen Muscheln, die wir hier massenhaft im Sand einfach nur einsammeln müssen.


Nach einem langen, letzten Abschnitt fahren wir mit Mitch-u-Cannon, Melli und Engels Rennpferd, den kurvigen Pass hinauf Richtung Takaka, wo ich endlich wieder Jasmin in meine Arme schließen darf.  Sie hat in der Zwischenzeit die Golden Coast entdeckt und einen vielversprechenden Pfad über die grünen Hügel entdeckt. Wir werden sowohl diesen Trail in den nächsten Tagen entlangwandern, als auch ein wenig des gigantischen, 32 km langen Sandausläufers entdecken.

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